Und hier mal wieder ein Thema welches mir ebenfalls sehr am Herzen liegt: Das Longieren am Kappzaum. Immer wieder gern gesehen und aus biomechanischer Sicht ein absolutes „No go“: Die Longe direkt eingehakt in den inneren Trensenring oder ,genauso sinnlos, durchgeschlauft durch den inneren hinüber zum äußeren Trensenring. Schon in den deutschen Klassikern der Reitliteratur „Das Gymnasium des Pferdes“ von Gustav Steinbrecht und auch in der H.dV. 12 wird eindrücklich darauf hingewiesen, dass Pferde am Kappzaum zu longieren sind. Zum einen sollte die Schonung des sensiblen Pferdemauls eines unserer obersten Gebote sein. Zum anderen bewirkt das Einhaken der Longe an den Trensenringen, ein Schiefziehen des Unterkiefers, welches aus biomechanischer Sicht eine Reihe von unerwünschten Kettenreaktionen hervorruft. Schieben Sie selbst Ihren Unterkiefer zur Seite oder drücken Sie leicht dagegen. Nicht jeder zieht ja mit der im Trensenring eingehakten Longe gleich den Unterkiefer massiv schief, sondern übt eventuell nur leichten Druck auf diesen aus. Bis wo spüren Sie diesen Einfluss auf Ihren Unterkiefer? Sie merken es mindestens in Ihrer Halswirbelsäule. Genauso geht es unseren Pferden. Ein nicht entspannter, schiefgezogener Unterkiefer bewirkt auch negative Effekte auf die Halswirbelsäule. Eine korrekte geraderichtende Arbeit, welche wir ja sinnvoller Weise mit dem Longieren bezwecken wollen, ist leider unmöglich. Schade, dass diese Unsitte immer noch so weit verbreitet ist in deutschen Reitställen. Auch hier würde ich mir eine Rückbesinnung auf das Wissen der alten Reitmeister wünschen.

 

Andrea Lipp, Februar 2014