Die Macht von hässlichen Bildern
Vor kurzem war ich auf einer Reitsportmesse und habe in einem kleinen Aktionsring eine wundervolle Demonstration von klassischer Reitkunst gesehen. Das Pferd wurde in höchster Versammlung in vollendeter Harmonie gezeigt. Geführt wurde es mit absolut leichter Hand, die Anlehnung war perfekt, der Unterkiefer locker, das Maul kauend und weich. Der Reiter dieses Pferdes ist ein Meister seines Fachs und ein Vorbild für das schöne und korrekte Reiten. Nach der Vorführung ritt er aus der Bahn und gab seinem Pferd die Zügel hin. Bevor das Pferd den Hals ganz lang machte, rollte es sich einen kurzen Moment ein. Hätten wir in diesem Moment ein Foto gemacht, wäre das nächste skandalöse „Rollkurbild“ für die Social Media am Start gewesen.
Vorab eins, ich verurteile die Rollkur zutiefst. In diesem Blog geht es mir darum wachzurütteln, dass Bilder Reputationen zerstören können. Oben erwähntes Beispiel soll zeigen, dass auch immer korrekt reitende Menschen Momente haben, wo ihr Pferd sich eng machen kann. Solche Bilder von nicht wohlwollenden Menschen in einen falschen Kontext gestellt, können Reputationen zerstören oder zumindest stark schädigen. Wenn man genug Dreck wirft, bleibt leider immer etwas hängen.
Nehmen wir die Bilder vor einigen Jahren von der Spanischen Hofreitschule. Dort ging die Schmutzkampagne sogar so weit, dass ein Standbild aus einem schön anzusehenden Film rausgeschnitten wurde, um zu suggerieren, dass die Pferde dort nicht mehr klassisch geritten werden. Oft sind im Hintergrund bestimmte Gruppen aktiv, die ihre eigenen Interessen verfolgen. Die Nutzer von Facebook & Co. sehen diese Fotos und fragen sich selbstverständlich, ob da etwas Wahres dran sein könnte. Als Effekt gehen sie in die Vorführungen und schauen sich diese mit voreingenommenen Blick, auf der Suche nach Bestätigung des vermeintlichen Verfalls der Reitkultur, an. Dass ein Eleve oder Bereiteranwärter noch nicht so versiert reitet wie ein langjähriger Bereiter sollte eigentlich logisch sein. Der Fehlersuchende in den Rängen vergisst diesen Apsekt aber, ist er doch durch die negativen Bilder so vorgeprägt, dass er dieses Weltkulturerbe der klassischen Reiterei gar nicht mehr vorbehaltlos genießen kann.
Man merkt an diesen Zeilen wie sehr mich diese Entwicklung bedrückt. Ich erlebe den Reitunterricht von Oberbereiter Andreas Hausberger seit vielen Jahren. Immer wird der Reiter korrigiert und der Sitz weiter verfeinert. Das Pferd steht immer an Platz 1 und durch diesen Unterricht wird alles immer harmonischer und feiner. In diesem Jahr habe ich nun sogar einen jungen Lipizzaner kaufen dürfen. Pluto Troja wurde in Wien angeritten und lief auch bereits in der Vorführung „Junge Hengste“. Er wurde verkauft, weil man ihn nicht für die Zucht einsetzen wollte. Im ersten Jahr der Ausbildung werden die jungen Hengste ausschließlich von Eleven und Bereiteranwärtern geritten. Als ich Pluto Troja im April probegeritten bin war er ein Jahr unter dem Sattel. Ein absolut fein gerittenes Pferd, welches ganz fein am Schenkel und in der Hand ist. Er ging alle Grundgangarten in vorbildlicher Manier. Der Beweis für eine absolut korrekte und klassische Reitausbildung eines zu diesem Zeitpunkt knapp 5-jährigen Pferdes.
Mein Anliegen ist es Sie wachzurütteln, wenn Sie Bilder in den Social Media sehen. Solange Sie kein Video mit klarem Rollkur-Reiten sehen, sollten Sie kritisch sein. Leider gibt es tatsächlich noch immer viele Video-Beweise von wirklich schlimmen Reitern. Wir haben allerdings gerade in Deutschland im Dressursport so wunderbare junge Reiter am Start. Passen wir auf, dass wir diese nicht auch mit angeblich schlimmen Bildern verunglimpfen. Ich denke da gerade an die Fotos von Jessica von Bredow-Werndl in Stuttgart. Schauen Sie sich die Videos von ihrem Reiten an. Das ist so eine feine Reiterin.
Von jedem von uns können schlimmste Reitfotos geschossen werden. Eigentlich mag ich die Social Media. Die rufschädigende Seite dieser Medien finde ich sehr bedenklich. Es hat etwas von medialem Mittelalter; der Mob zerreißt die vermeintlich Bösen.
Foto Copyright Sven Cramer
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