Ich möchte Ihnen heute mal einen kleinen Ausbildungsbericht von meinen beiden Pferden schreiben.

Die letzen zwei Tage hatte ich wieder das große Glück von Oberbereiter Andreas Hausberger unterrichtet zu werden.

Mein Nachwuchspferd Pluto Troja war jetzt das zweite Mal mit mir in fremder Umgebung und er beeindruckt mich immer wieder. Er geht absolut brav und vertrauensvoll in den Anhänger, versteht sich bestens mit Pardo, der schon immer auf dem Anhänger steht, wenn der Nachwuchs einsteigen muss und lässt sich auch in der fremden Reithalle absolut brav reiten. Natürlich ist er mit seinen fünf Jahren noch aufgeregt, aber dabei ist er immer bei mir, respektvoll und ansprechbar. Nach sehr kurzer Zeit beruhigt er sich und wir können normal arbeiten. Diesem Pferd merke ich immer und immer wieder seine gute Kinderstube an. Er hat so unendlich viel Vertrauen in den Menschen und lässt sich von mir Sicherheit geben.

In den Reiteinheiten haben wir am lockeren Schwingen in korrekter Haltung in allen drei Gangarten gearbeitet. Das heißt für Pluto Troja, dass er sich bei weich kauendendem Maul aus dem Widerrist fallen lassen soll. Der Hals muss auch in der Versammlung lang bleiben und der Kontakt zum Gebiss darf niemals stark, sondern immer weich und fein sein. Das hat er alles sehr schön gemacht und auch die Dehnungshaltung am Ende der Arbeit wird immer besser. Auch dies übertreiben wir selbstverständlich nicht, denn ein zu langes Vorwärts-Abwärts bringt das Pferd auf die Schulter. Dennoch gehört auch diese Art der Formgebung zur klassischen und soliden Ausbildung des Reitpferdes. Zu Beginn der Reiteinheit steht übrigens immer eine Runde Arbeit an der Hand. Das heißt er lernt die Baby-Vorübungen für die Piaffe. Mit fünf ist auch der Zeitpunkt für die Erarbeitung der Seitengänge im Schritt. Pluto Troja hat in den letzten Wochen bereits an der Hand eine Idee davon bekommen, dass man seine Beine auch seitwärts bewegen kann. Ich habe dann zu Hause begonnen, ihn auch unter dem Sattel immer wenige Schritte Schulterherein zu schicken. Von Tag zu Tag wurde die Strecke länger. Verlieren Sie keine Zeit ihrem jungen Pferd nach dem ersten Jahr der Ausbildung die Seitengänge zu vermitteln. Sie benötigen sie für das Geraderichten. Andreas Hausberger hat sich auch das angeschaut und wir sollten mehrere Seiten Schulterherein gehen, immer mit Fokus, dass die Anlehnung ganz weich und fein bleibt und niemals starr wird. Als nächstes Elment kam dann die Aufforderung, dass wir doch von der Mittellinie eine Traversale versuchen sollten. Das haben wir zu Hause noch nicht geübt, aber auch das hat der kleine Mann bravourös gemeistert.

Bei Pardo gehören die Seitengänge im versammelten Schritt zur lösenden Arbeit. Auch dies war Thema der Reiteinheiten. Hier ist es wichtig, dass das Pferd sich nicht verhält. Der Schritt soll zwar langsam und vibrierend sein, aber auch im versammelten Schritt muss ein Zug nach vorne vorhanden sein. Geht im versammelten Schritt dieses Vorwärts verloren, muss man auch hier wieder ganz leicht zulegen und das Pferd dann wieder weich mehr versammeln. Das weich kauende Maul ist selbstverständlich Bedingung.

Mein Pardo hat mich in der letzten Einheit absolut überrascht. Uns ist gestern ein fliegender Wechsel ohne Amoklauf gelungen. Jetzt sagen Sie bestimmt „Und was ist daran so sensationell?“ Für dieses Pferdchen ist eine Sensation, denn ich hatte schon beschlossen dieses Thema für immer zu begraben. Vor einigen Jahren hatte ich mal wieder einen Blick über den Tellerrand gewagt und an einigen Lehrgängen eines Ausbilders einer anderen Reitweise teilgenommen. In diesem Unterricht wurde auch an den Fliegenden Wechseln gearbeitet. Die Herangehensweise war sehr hemdsärmelig, das Pardo wurde ruckartig zum Wechseln aufgefordert. Er sprang auch Wechsel, wurde aber absolut hektisch und so heiß, dass er mir irgendwann sogar durchging. Rückblickend schäme ich mich noch jetzt, dass ich mein Pferd nicht aus dieser Situation rausgeholt habe. Wir hätten nach dem ersten Wechsel aufhören sollen. Das Ergebnis dieser Herangehensweise war in den Tagen nach dem Kurs ein komplett aufgeknalltes Pferd. Er ließ sich nicht mehr ruhig angaloppieren, wartete jeden Moment auf diese Übung, schlug nach hinten aus, sprich er war komplett überfordert. Es dauerte Wochen ihn wieder zu beruhigen. Heute weiß ich, dass diese Übung viel zu früh war für  Pardo. Er war noch gar nicht bereit für die Fliegenden Wechsel.

Wir haben in den letzten Jahren mit Andreas Hausberger dann ganz schlicht weiter an Pardos Grundgalopp gearbeitet. Wenn er nicht ausreichend nach vorne zog, musste ich zulegen, dann durfte ich ihn wieder in den versammelten Galopp zurückführen. Fokus war hier das lockere Maul und vor allem mein reeller Sitz. Andreas hat penibel an meinem Sitz gefeilt, so dass ich wie festgesaugt im Sattel saß, egal was Pardo tat. Dass dieses Pferd jemals Wechsel springt, habe ich ehrlich gesagt gar nicht mehr geglaubt. In der besagten Unterrichtseinheit gestern hatte ich dann eine kleine wundervolle Galopp-Kugel unter mir. Pardo war ganz weich in der Hand, Linksgalopp, Rechtsgalopp, Einfache Wechsel, Schulterherein, Traversalen, alles klappte super. Andreas schickte uns dann im Außengalopp auf den Zirkel und ließ uns dort auf der Zirkellinie einen einfachen Wechsel machen. Der Fokus ist bei seiner Arbeit immer, dass das Pferd NIEMALS hektisch wird und alles ruhig und gelassen abläuft. Dann ging es auf der anderen Hand im Außengalopp auf den Zirkel und dann kam das Kommando zum fliegenden Wechsel. Wie gut, dass ich nicht wusste, dass das auf dem Programm steht. So war ich völlig locker und habe es einfach versucht. Bei den ersten beiden Ansätzen hat Pardo nicht reagiert, aber er blieb bei mir und war kontrollierbar und bei Aufforderung Nummer drei sprang er um! Er war ruhig, ließ sich zum Schritt parieren und dann haben wir die Stunde beendet.

Daran erkennt man wieder wie wichtig die Basis und der Sitz ist.

 

Andrea Lipp, September 2017