Was hat der Stallbetreiber mit klassischer Reitkunst zu tun und wie betrifft das Sie und Ihr Pferd? Sollten Sie ausschließlich in einen Stall gehen, wo nur nach den Prinzipien der klassischen Dressur gearbeitet wird und womöglich bestimmte Ausrüstungsgegenstände strikt verboten sind? Eine strikte Lagerbildung entlang eines wie auch immer gearteten Wertekontextes ist in keiner Lebenssituation gut. Das heißt als Rückschluss, Sie können auch beruhigt in einen schönen Stall gehen, wo alle Reitstile vertreten sind. Achten Sie bei der Auswahl des Zuhauses für Ihr Pferd allerdings darauf, dass ein respektvoller Umfang der Menschen untereinander und eine absolut freundliche Haltung gegenüber den Pferden besteht. Sie können Ihr Pferd niemals in feiner Harmonie reiten, wenn eine lästernde Gruppe an der Bande steht oder in der Bahn ein anderes Pferd mit brachialen Methoden gequält wird. Ihr Versuch das Grüppchen an der Bande gedanklich auszublenden kann zwar teilweise gelingen, aber sie werden nie so frei arbeiten, wie in einer positiven Umgebung. Auch Ihr Pferd kann nicht zu einem feinem Tänzer an der Hand oder unter dem Sattel werden, während ein oder mehrere Pferde schweißtreibend in der Bahn „geackert“ werden. Fein wie unsere Pferde sind, merken sie sofort, dass ihre Artgenossen in der direkten Nähe gequält werden.

Welche Rolle hat nun der Stallbetreiber in diesem Zusammenhang? Kurzum, Sie werden niemals Ruhe und Harmonie in einem Stall finden, wo der Stallbetreiber bestimmte Anforderungen nicht erfüllt. Welche sind das? Diese Antwort ist recht einfach. Wie in der Wirtschaft ist das Unternehmen am erfolgreichsten, welches von den besten Chefs angeführt wird. Ein Stallbetreiber ist nichts anderes als eine Führungskraft, die alle Merkmale eines guten Chefs erfüllen muss. Ein guter Chef ist nicht jemand, der nur Regeln aufstellt und mit starkem Machtbedürfnis allen sagt wo es lang geht. Sie kennen das sicher auch, dass man als Mitarbeiter diesen Menschen zwar folgt, aber nicht aus tiefster Überzeugung. Den „Ich sage Dir wo es lang geht und ich führe Dich mit Druck“-Chefs folgen die Untergebenen eher widerwillig. Die weichgespülten Vorgesetzen, welche mit allen befreundet sein möchten und rosa Wattebälle werfen, sind ebenfalls nicht die erfolgreichen Magneten starker Teams.

Was muss unser Stallbetreiber nun für eine Persönlichkeit haben und welchem Wertekontext sollte er folgen?

Für die Führung eines Stalls ist es natürlich hilfreich, wenn Spaß daran besteht mit Menschen in Kontakt zu treten. Die Fähigkeit Arbeitsabläufe zu strukturieren, sollte ihm gegeben sein und Sorgfalt im Umgang mit den anvertrauten Lebewesen ist ein Muss. Natürlich muss es diesem Menschen auch leicht fallen, Anweisungen zu erteilen und Menschen zu führen. Dazu gehören nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Einsteller müssen geführt werden. Das Vermögen auch kritische Anweisungen zu treffen und Kritikgespräche zu führen, sollte vorhanden sein. Steht dem Stallbetreiber jedes dieser Gespräche wie ein großer Block bevor und schiebt er diese womöglich schweren Herzens vor sich her, sind dies sehr schlechte Voraussetzungen. Für diese Persönlichkeitstypen kann das Führen eines Stalls zum regelrechten Horrorszenario werden, haben sie doch bei der Vielzahl der Menschen mit denen sie täglich zu tun haben, mehr oder wenig regelmäßig zwischenmenschlich herausforderende Situationen zu meistern.

Kommen wir nun von den angeborenen Antreibern zu dem gelebten Wertekontext. Welchen Werten muss unser Stallbetreiber folgen? Zuallererst muss er Pferde und auch Menschen lieben. Der Hofchef darf nicht nur ein Pferdefreund, sondern muss auch ein Menschenfreund sein. Wie alle erfolgreichen Menschen liebt er seinen Job absolut. Führt er ihn nur widerwillig aus und sieht an jeder Ecke täglich Probleme, wird er kein glücklicher Chef sein und auch kein erfolgreicher Unternehmer werden. Außerdem muss er sich mit jeder Faser seins Seins als Dienstleister sehen. Die Erfüllung des Kundenwunsches ist oberste Priorität. Nun kommen wir zu einem weiteren wichtigen Punkt. Der Stallbetreiber muss sich in jeder Situation auf seiner Anlage neutral verhalten. Er darf keine Einsteller, Reitweisen, Pferde etc. bevorzugen. Wie gerechte Eltern behandelt er alle gleich. Natürlich wird er den ein oder anderen Einsteller lieber mögen als die anderen und eventuell ist er auch mit einigen Kunden befreundet. Spüren dürfen dies die anderen Mitglieder der Stallgemeinschaft allerdings niemals. Er muss sich stets neutral verhalten. Jegliches andere Verhalten wäre unprofessionell.

Nun weiß jeder, dass das Pferdegeschäft ein hoch emotionales ist. Je nachdem welche Persönlichkeiten bei den Einstellern aufeinander treffen, kommt es in jeder Stallgemeinschaft auch zu Konflikten. Bei der Behebung dieser Konflikte und dem daraus resultierenden Einfluss auf das gesamte Klima eines Stalls hat unser Stallchef nun die entscheidene Rolle. Konflikte muss er sofort mit den Betroffenen ansprechen. Geht es um das Nichteinhalten der Stallregeln ist es hier elementar, dass er die betreffenden Personen freundlich aber bestimmt darauf hinweist, dass die Stallordnung für alle gilt. Der Versuch einen Stall nach dem Prinzip des „Laissez-faire“ zu führen wird scheitern. Nehmen wir das immer bekannte Thema „Abäppeln der Reithalle“. Es gibt immer wieder einige Stallkollegen, die vergessen, dass sie nach dem Reiten die Äppel wegsammeln müssen. Nun sind nicht die gemeint, die tatsächlich geträumt haben und einmal ihren Haufen vergessen haben. Bekommen diese Menschen gleich bei einem einmaligen „Verfehlen“ eine Warnung und überprüft der Stallbetreiber womöglich Fehlverhalten auf seinen Überwachungskameras oder schickt böse Fotos in die Stall-WhatsApp-Gruppe, führt dies zu einer schlechten Stimmung. Er nimmt die Rolle des Überwachers ein und strahlt Negatives und stark Kontrollierendes aus. Menschen die jedoch immer wieder die Regeln missachten, müssen angesprochen werden. Alles andere wäre für die übrigen Kunden frustrierend und auch unfair. Da gibt es einige, die niemals den Hallenausgang fegen und andere machen dies immer. Werden diese Stallregeln, die ja für ein geregltes Miteinander aufgeschrieben wurden, permament von bestimmten Personen missachtet, dann wird sehr bald niemand mehr den Besen in die Hand nehmen, weil sich Frustration breit macht.

Kommen wir nun zu den Konflikten der Kunden untereinander. Es bildet sich ein Grüppchen. Dieses Grüppchen hat eine bestimmte Meinung und versucht Einfluss zu nehmen. Manchmal geht es gegen Miteinsteller oder auch sehr beliebt, es geht gegen den Stallbetreiber. Ignoriert der Stallbesitzer diese schwelenden Konflikte, wird das Stallklima über kurz oder lang kippen. Der faire Umgang miteinander muss vom Stallchef als höchster Instanz in jedem Moment vorgelebt werden. Dazu gehört, dass Lästern nicht akzeptiert wird. Stellen Sie sich vor Sie haben einen Karton Äpfel. In diesem Karton ist ein faulender Apfel. Wenn Sie diesen Apfel nicht entfernen, werden die anderen Äpfel auch Schaden nehmen. Genauso ist es mit den Menschen der Stallgemeinschaft. Das Klima kann durch Stimmungsmacher regelrecht vergiftet werden und bei Nichteingreifen auch als festes Merkmal des Stalls so bleiben. Dies heißt nicht, dass der Stallbetreiber jedem sofort kündigen soll. Nein, er sollte solche Situationen sofort mit den betroffenen Personen ansprechen. Wenn sich das Verhalten nicht ändert, ist die Aufhebung des Pensionsvertrages allerdings die letzte und auch zwingende Lösung.

Der Stallbetreiber ist zwar Dienstleister, aber er muss seinen Stall auch so führen wie er es für richtig hält. Er wird bei der Vielfalt von Persönlichkeitstypen niemals den Spagat schaffen, dass er alle Menschen glücklich macht. Bei 30 bis 120 Einstellern kann es sein, dass ein Kunde einfach nicht zum Stall passt. Das Gehen von getrennten Wegen ist in diesem Fall besser. Andernfalls würde der Stallbetreiber anfangen sich zu verbiegen. Absolute Fairness ist in solchen Situationen ein Muss. Ein Stallbetreiber, der anfängt sich einem Lager zugehörig zu fühlen und möglicherweise noch bei Mobbingaktivitäten aktiv mitmacht, hat auf ganzer Linie menschlich und als Führungspersönlichkeit versagt. Denken Sie an den guten wohlwollenden Chef, der sich allen gegenüber fair verhält. Wie ein Schlichter muss er bei Konflikten von allen betroffenen Parteien die Sichtweisen abfragen und dann auch versuchen die verschiedenen Perspektiven einzunehmen. Dazu gehört natürlich auch ein Mindestmaß an emotionaler Intelligenz.

Hofbesitzern denen es gelingt das im Text beschriebene Verhalten jeden Tag zu leben, werden mit einer freundlichen und positiven Stallgemeinschaft belohnt. Dies ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für jeden Pferdebetrieb.