Können Sie sich vorstellen, dass es Reiter gibt für die es völlig normal ist ihr Pferd alle paar Wochen aufzuladen, in die Klinik zu fahren und das Pferd in den Rücken spritzen zu lassen? Dies wird gemacht, damit das Pferd wieder locker im Rücken ist und rittiger wird.

Ich muss gestehen, dass ich regelrecht entsetzt war als ich das erste Mal von solchen Praktiken hörte. Es gibt sie in vielfacher Ausprägung. Sehr häufig anzutreffen in der ambitionierten Turnierszene. Dies sind dann die Reiter die schon innerhalb kürzester Zeit mehrere Pferde platt geritten haben und das Sportgerät dann eben jeweils durch das Nächste ersetzten.

Selbstverständlich gibt es in der Turnierszene viele sehr gute Reiter, die solche Methoden nicht nötig haben und auch nie in Erwägung ziehen würden.

Es gibt Fälle in denen eine Injektion in den Rücken eine sinnvolle Vorgehensweise sein kann. Eine Kundin von mir ließ ihre Stute, als wir uns kennenlernten, osteopathisch durch eine Tierärztin behandeln. Das Pferd hatte eine so falsche, angespannte Muskulatur, dass bei diesem Tier eine einmalige Injektion eines muskelentspannenden und schmerzstillenden Mittels eine gute Vorgehensweise war. Dadurch konnte das Pferd damals aus diesem Teufelskreis von Verspannung und falscher Muskelstruktur gebracht werden. Parallel begann das klassische Dressurtraining, welches einer Krankengymnastik gleicht. Das Pferd lernt wieder sich zu balancieren, sich selbst zu tragen und wird über verschiedene Übungen geradegerichtet.

Regelmäßige Rückeninjektionen, welche die negativen Auswirkungen eines pferdeverschleißenden und nicht klassischen Trainings abmildern sollen, sind hingegen in höchstem Maße zu verurteilen.

Ein korrekt gerittenes Pferd wird durch die Ausbildung lockerer und immer rittiger. Ein solches Pferd zu reiten wird immer mehr ein Genuss. Den Physiotherapeuten sieht man mit fortschreitender Ausbildung des Pferdes immer seltener, baut es doch durch die Arbeit korrekte Muskulatur auf und bekommt einen gesunden und balancierten Körper.

Wird das Pferd hingegen durch die Arbeit immer wieder verspannt, muss der Weg hinterfragt werden und ja, der Reiter muss sich fortbilden. Dazu gehört das Lesen der klassischen Reitliteratur und dazu gehört eben auch das Nachdenken.

Sehr häufig sitzt der oben beschriebene Typ Reiter noch mit gravierenden Sitzfehlern auf seinem Pferd – Sitzkorrekturen sind nicht nötig, man hat das Tier ja unter Kontrolle. Außerdem ist er häufig noch mit dem Schlaufzügel bewaffnet, der Bankrotterklärung seiner Reiterei.

Diese Seiten sind regelrechte Abgründe des Umgangs mit den Pferden. Die Tiere leiden unter diesen Methoden. Ein korrekt gerittenes Pferd wird gesund und locker durch die Ausbildung.

Andrea Lipp, Juni 2018

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